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Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und Hypertonie

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) stellt einen Schlüsselmechanismus in der Regulation des Blutdrucks und der Elektrolyt- und Flüssigkeitsbalance des Organismus dar. Es ist daher Angriffspunkt wichtiger antihypertensiver Medikamente (ACE Hemmer, AT-I-Blocker und Aldosteronantagonisten). Verschiedene Hormone und Organsysteme sind involviert.

Renin

Renin wird infolge einer Verminderung von Blutvolumen, Blutdruck und Nierendurchblutung aus den juxtaglomerulären Zellen der Niere freigesetzt. Es spaltet Angiotensin I von Angiotensinogen ab, das in der Leber synthetisiert wird.

Angiotensin

Angiotensin I wird durch das in der Lungenstrombahn gebildete Angiotensin-Converting- Enzym (ACE) in Angiotensin II transformiert. Angiotensin II selbst ist stark vasokonstriktorisch und bewirkt eine Anhebung des Blutdruckes, stimuliert zudem aber auch in der Nebennierenrinde die Produktion des Mineralocorticoids Aldosteron.

Aldosteron

Aldosteron bewirkt am distalen Tubulus der Niere und am Darm die Retention von Natrium und Wasser mit konsekutivem Blutdruckanstieg sowie die Ausscheidung von Kalium und H+-Ionen. Es resultiert eine negative Rückkopplung mit einer normalen Reninausschüttung.

Störungen im RAA-System

Störungen mit verstärkter Mineralocorticoidausschüttung werden unter dem Begriff Hyperaldosteronismus subsummiert. Prinzipiell kann der Hyperaldosteronismus von zwei unterschiedlichen Organen verursacht werden, der Niere und der Nebenniere. Eine pathologisch erhöhte Reninsekretion, z.B. durch eine Nierenarterienstenose (renovaskuläre Hypertonie) führt zum sekundären Hyperaldosteronismus. Beim primären Hyperaldosteronismus liegt eine autonome Aldosteronproduktion in der Nebenniere vor (Conn Syndrom). Der primäre Hyperaldosteronismus (PHA) ist neueren Untersuchungen zufolge die häufigste monokausale Ursache der arteriellen Hypertonie. Seine Prävalenz beträgt 3 bis 11 Prozent bei Hypertonikern.

Klinik und Indikationen zur Diagnostik

Die typische klinisch-chemische Befundkonstellation ist die hypokaliämische arterielle Hypertonie. Die Hypokaliämie kann spontan persistierend oder Diuretika-induziert auftreten. Bei einem Teil der Patienten kann ein erhöhtes Serum-Na+ vorliegen. Die metabolische Alkalose komplettiert das Bild des klassischen PHA. Allerdings zeigen neue Studienergebnisse, dass bis zu 90 Prozent der Patienten mit PHA normokaliämisch sind, so dass auch bei grenzwertigen bis normalen Kaliumserumwerten eine Indikation zur Diagnostik besteht. Insbesondere wenn eine resistente, schwer einstellbare Hypertonie vorliegt und die Blutdruck-Kontrolle mit drei verschiedenen Medikamenten nicht möglich ist. 

Hypertoniker unter 40 Jahre sollten auch ohne einen der zuvor genannten Faktoren ätiopathogenetisch bezüglich eines PHA abgeklärt werden.

Diagnostik von Störungen im RAAS

Neben den Elektrolyten im Serum (Natrium und Kalium) werden die Hormone Renin und Aldosteron bestimmt. 

Die beste Screening Methode für die Diagnose und Differentialdiagnose des Hyperaldosteronismus ist die Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten (ARQ) im Plasma. Dieser ist beim primären Hyperaldosteronismus erhöht (Aldosteron ↑ Renin ↓ und beim sekundären Hyperaldosteronismus bei erhöhten Gesamtwerten normal (Aldosteron ↑ Renin ↑). Die Referenzbereiche stehen in Abhängigkeit vom durchgeführten Test.

Der ARQ wird wenig durch Antihypertensiva wie Betablocker oder ACE-Hemmer (einzige Ausnahme: Spironolacton) und physiologische Faktoren wie die Körperhaltung bei der Blutentnahme beeinflusst. Bei pathologischem ARQ ist ein Bestätigungstest indiziert. Empfohlen wird der NaCl-Belastungstest, der jedoch überwiegend stationären Einrichtungen vorbehalten ist. Der Orthostase-Test dient zusätzlich zur Differenzierung von Adenomen und der bilateralen Hyperplasie (Abfall von Aldosteron bei Adenom, Anstieg bei bilateraler Hyperplasie). Die weitere Abklärung erfolgt mittels bildgebender Verfahren. Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Genetik der Hypertonie insbesondere unter Einbeziehung genetischer Determinanten des RAAS helfen bei der weiteren Aufklärung bisher unbekannter pathophysiologischer Mechanismen (90 % essentielle Hypertonie) und werden in Zukunft neue gezielte Therapiemöglichkeiten eröffnen.

Material

Aldosteron (RIA): Serum 1 ml 
Renin (RIA): EDTA-Plasma 2 ml 
Die Abnahme sollte grundsätzlich nach mindestens 15 min. Liegen erfolgen.

Abrechnung

Die Abrechnung der Aldosteron- und Reninbestimmung ist im Leistungsspektrum des EBM und der GOÄ enthalten.

Literaturauswahl

  • Withworth, J.A.: World Health Organization (WHO) / International Society of Hypertension (ISH) statement on management of hypertension. J Hypertens 2003 ; 21: 1983-92
  • Reincke M. et al. Normokaliämischer primärer Hyperaldosteronismus Dtsch. Ärztebl. 2003; 100, Ausg. 4, Seite A-184 / B-169 / C-165
  • Diedrich, S.: Primärer Hyperaldosteronismus/Mineralkortikoidhypertonie Praxishandbuch Endokrinologie 2015: 239-248, Medizinische Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft