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Liquordiagnostik Empfehlung für die Diagnostik von ZNS-Erkrankungen

Die labormedizinische Liquoranalytik erlaubt es, Hinweise auf entzündliche Prozesse im ZNS zu geben, sowie Störungen der Schrankenfunktion aufzuzeigen und durch Markerproteine zur Differentialdiagnose degenerativer Erkrankungen beizutragen.

Notfall- und Basisprogramm

Im Notfall erlaubt die rasche Mikroskopie (innerhalb von maximal 2 Stunden nach Liquorgewinnung !)  des Liquors (Zellzahl, Zelldifferenzierung, Vorhandensein von Bakterien) neben der Beurteilung der makroskopischen Beschaffenheit erste wichtige Hinweise auf ein pathologisches Geschehen zu geben. Ergänzt wird dieser Befund durch die Bestimmung von Gesamteiweiß, Lactat im Liquor und Glucose im Liquor-Serumpaar.

Zum weiteren Basisprogramm gehören die Bestimmung von Albumin und Immunglobulinen (IgG, IgM, IgA) jeweils im Serum-Liquor-Paar, da Liquorwerte nur im Vergleich zu den Serumwerten interpretierbar sind. Im sog. Reiber-Schema wird die Schrankenfunktion beurteilt; darüber hinaus wird hierdurch auch der Nachweis einer unspezifischen intrathekalen Antikörpersynthese möglich. Aus der Konstellation der Immunglobulinklassen  intrathekal gebildeter Antikörper können häufig Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen im ZNS gezogen werden.

Differentialdiagnostik der intrathekalen Produktion von Immunglobulinen

Spezifische intrathekale Antikörper-Synthese
Der Nachweis, ob es im Liquor zu einer Immunglobulinsynthese gegen bestimmte Infektionserreger gekommen ist, erfolgt durch Messung der spezifischen Antikörper gegen diese Erreger im Serum-Liquor-Paar im gleichen Testansatz. Aus den Meßwerten wird der sog. Antikörperindex (AI) berechnet. Ist die Immunantwort im Liquor höher als im Serum, spricht dies für die lokale Synthese dieser spezifischen Antikörper im Zentralnervensystem.

Die Bestimmung der AI ist für folgende Erreger möglich:

  • Masernvirus, Rötelnvirus, Varicella-Zoster-Virus, Herpes-simplex-Virus, Cytomegalie-Virus, Mumps-Virus, FSME-Virus, Treponema pallidum, Borrelia burgdorferi.

Oligoklonale Banden
Der Nachweis von oligoklonalen Banden im Liquor stellt eine komplementäre Analytik dar, um entzündliche Prozesse mit intrathekaler IgG-Synthese zu entdecken. Es wird wiederum ein Serum-Liquor-Paar benötigt. Die Untersuchung erfolgt mittels der isoelektrischen Fokussierung mit anschließender Immunfixation. Klonale IgG-Fraktionen, die nur im Liquor nachweisbar sind, entsprechen einer lokalen Synthese.
Ihre Bedeutung hat diese Untersuchung vor allem bei der Differentialdiagnose der Multiplen Sklerose, bei der oligoklonale Banden in über 95% der Fälle zu finden sind; auch bei einigen anderen chronischen Entzündungsprozessen im ZNS lassen sie sich nachweisen.

Diagnostik degenerativer Erkrankungen

Durch die Bestimmung von einigen spezifisch im ZNS gebildeten Proteinen kann mitunter eine frühe Hilfestellung bei der Differentialdiagnose der Demenz (Morbus Alzheimer, Jakob-Creutzfeldt-Erkrankung, Multiinfarkt-Demenz oder depressive Pseudodemenz) gegeben werden.

ß-Amyloid (1-42)- und Tau-Protein / Phosphoryliertes Tau-Protein
In der Demenzdiagnostik gewinnen vor allem diese Laborparameter zunehmend an Bedeutung. Sie geben eine Hilfestellung bei der Differentialdiagnose dementieller Erkrankungen.

Neuronenspezifische Enolase (NSE)
Eine Erhöhung der neuronenspezifischen Enolase (NSE) im Liquor ist bei einer Vielzahl hirnorganischer Prozesse zu beobachten. Sie ist ganz allgemein Ausdruck einer akuten Neuronenschädigung.

S-100-Protein
Eine Erhöhung des Proteins S-100 im Liquor weist auf eine ZNS-Erkrankung mit Gewebedestruktion hin. Es ist ein unspezifischer Indikator von Gliaschädigungen.

Mikrobiologische Diagnostik

Bei Verdacht auf bakterielle Meningitis erfolgt die Erregeranzucht direkt durch die Kultur. Die Liquorpunktion sollte vor Beginn einer Antibiotikatherapie erfolgen. Besteht der Verdacht auf eine tuberkulöse Meningitis, sollte zusätzlich eine PCR im Liquor durchgeführt werden.
Für Borrelia burgdorferi existiert ebenfalls ein PCR-Nachweis.
Bei Untersuchungswunsch auf virale Erreger empfiehlt sich vorrangig die PCR-Methode. Hierzu wird grundsätzlich ein gesondertes Röhrchen benötigt. Der Virusnachweis im Liquor mittels PCR ist zurzeit für Herpes-simplex-Virus 1,2, Varicella-Zoster-Virus, Cytomegalie-Virus, Ebstein-Barr-Virus und Influenzavirus A/B möglich.

Probenmaterial (siehe Anforderungsschein)

Blut: 1 Serummonovette
Liquor: Erwachsene 5-10 ml, Kleinkinder 1-3 ml;
in der Regel durch lumbale Punktion gewonnen, bei anderen Entnahmestellen muß der Punktionsort angegeben werden.
Serum und Liquor sollten zeitgleich gewonnen werden!
Transportsystem der Wahl für Liquorproben sind sterile, farblose Polypropylenröhrchen mit Stopfen. Polycarbonat- und Glasröhrchen sind für die Untersuchungen ungeeignet!  Es sollte ein rascher Transport ins Labor erfolgen. Für eine eventuelle notwendige Zwischenlagerung wird eine Temperatur zwischen 2 – 8 °C empfohlen (außer bakterieller Erregernachweis mittels Kultur, dann Aufbewahrung bei Zimmertemperatur oder besser 35-37°C); eine Zellzahlbestimmung und Zelldifferenzierung ist dann jedoch nicht mehr möglich!

Anforderungsschein
Nur mit klinischen Angaben ist eine aussagekräftige Interpretation des labormedizinischen Liquorbefundes möglich.